Guther aus Berlin ist kein Duo, sondern eine Band – auch wenn die Mitglieder Julia und Berend nur zu zweit sind. Dieser feine Unterschied ist ihnen wichtig. Und Guther ist auch der Nachname Julias, ein dezenter Hinweis auf ihre zentrale Funktion in der Band. Fragt man Julia nach dem, was Guther machen, so antwortet sie: „Mädchenmusik“. Ohne Ironie, aber auch ohne Naivität. Man kann ihr Debütalbum „I Know You Know“ aber auch genau so gut eine Sommerplatte nennen. Nicht nur weil Julia im letzten Sommer erste Songskizzen auf ihrem Rechner komponierte , sondern auch, weil die endgültige Platte nun in nur drei Monaten (April-Juni) dieses Jahres entstanden ist.
Das Songwriting und auch die englischen Texte aus Julias Feder - nach „hundert Jahren“ klassischen Klavierunterrichts ist Guther übrigens das erste Pop-Projekt, an dem sich Julia überhaupt versucht - zeichnen sich in erster Linie durch Ruhe, Bittersüße und eine klare Schlichtheit aus: „Unsere Musik ist nicht intellektuell. Eher emotional, obwohl ich dieses Wort nicht besonders mag. Wir haben uns für Einfachheit entschieden. Auch textlich. Der Klang der Worte ist dabei oft wichtiger als ihr Inhalt.“ Das Ergebnis ist dabei aber alles andere als unintelligent. Guthers klassische Pop-Arrangements bestechen durch Timing. Denn immer dann, wenn man gerade denkt, der Song könnte mal einen Haken schlagen, biegt er auch genau in die richtige Richtung ab. „Julias Songs bieten uns eine Ebene, auf der wir uns viel trauen können!“ Damit meint Berend, der neben Guther ein weiteres, nicht unbekanntes Projekt, das in diesem Fall den Vornamen einer Frau trägt, betreibt, nicht, dass sie sich in unendlichen Experimenten ergehen können, sondern spielt darauf an, dass die Grundidee für Guther zunächst im besten Sinne ambitionslos war.
Während der Aufnahmen zu „I Know You Know“, die komplett in einer Wohnung in Berlin Mitte stattgefunden haben, ging es nie darum, eine LP zu produzieren, mit der man im Anschluss womöglich auch noch Geld verdienen kann. Viel mehr ging es erstmal darum, der eigenen Idee von „Lieblingsmusik“ so nah wie möglich zu kommen. Gleichzeitig ist es Guther damit auch gelungen, so etwas wie ein Update großer LoFi-Indie-Pop-Momente auf Labels wie Teen Beat oder Slumberland zu liefern. Wobei Guther bitte schön nicht LoFi sind. Die elektronischen Produktionsmittel – Rechner, Synthesizer, Drumcomputer – haben sich fest in ihren Sound eingeschrieben.
Die zehn Songs des Guther-Debüts sind von einer Unmittelbarkeit, die einerseits der sehr privaten Umgebung entspringt, in der die Platte entstanden ist, andererseits aber auch eine direkte Entsprechung in dem sehr kurzen und spontanen Produktionsprozess hat. „Als irgendwann klar war, dass wir die Platte bei Morr Music machen, haben wir die ganze Zeit darauf gewartet, dass sich Stress oder sonstiger Druck einstellt. Das erste Mal anstrengend wurde es aber erst in der Postproduktion.“, sagt Berend, der Julia durch seine Erfahrung als Musiker und Produzent perfekt ergänzt.
So unverkrampft wie Guther dieses Album zu ihrer eigenen Überraschung in kürzester Zeit aus dem Ärmel schüttelten, so unprätentiös ist dann auch ihre Selbsteinschätzung. „I Know You Know“ soll eindeutig poppig aber dabei dezent sein.
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